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Wir sind Patchwork II:

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Sie war die "die Ex", die Mama seines Sohnes, die Frau, die ich eigentlich nicht mochte, die Frau die zwischen uns stand, obwohl sie das nie tat. Google erklärte mir, dass "Ex" im lateinischen für "Extra" steht - das bedeutet außerhalb. Doch "Intra" wäre die viel passendere Beschreibung für Simone. Es bedeutet innerhalb und trifft es genau: Nur wenn wir alle innerhalb unseres Familien-Dreiecks zusammen halten, können wir unseren Kindern Rückhalt bieten und jene Werte vermitteln, die sie auf ihrem Lebensweg brauchen: Toleranz, Liebe und Offenheit für das, was im 0815-Welt-Anschauungs-Denken vielleicht als 'abnormal' bezeichnet wird.

Nachdem ich euch letzte Woche meine Gedanken zu unserem Patchwork-Dasein niederschrieb, erklärte sich Simone bereit, nun auch ihre Sicht der Dinge zu veröffentlichen:


Ich bin schwanger mit unserem Wunschkind. Beklemmende Gefühle schleichen sich ein. Sie schnüren mir nach und nach die Luft zum Atmen ab. Ich habe keine Angst vor der Geburt oder dem neuen Leben mit Kind. Ich frage mich ständig, ob der Mann an meiner Seite noch der ist, mit dem ich ein Immer und Ewig will, und spüre, dass auch er zweifelt. Zuerst im Stillen, dann ausgesprochen, mit dem Versuch noch mal neu zu starten. Wir halten zusammen im wichtigsten Moment – der Geburt unseres Sohnes. Und doch, das Gefühl bleibt, dass etwas nicht stimmt. Irgendwann mag ich nicht mehr in diesem Gefühlsnebel von Unsicherheit und Ungeliebtheit weitermachen und gehe. Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie egoistisch. Aber ich werde auch nicht aufgehalten. Also verlasse ich mich blind auf sein Versprechen, immer für uns da zu sein. Er hält Wort.

Die Angst aber bleibt: kann ich in einer Trennungszeit eine gute Mama sein? Und dann wird auch noch eine neue Frau Realität. In meinem Kopf: Wut. Hass. Angst. Schmerz. Unsicherheit. Wer ist diese Frau. Wie lange bleibt sie. Wird sie meinen Sohn kennen lernen. Hält sie jemand für die Mutter, wenn sie zusammen unterwegs sind. Friede, Freude, Eierkuchen – ohne mich? Ich müsste doch mit Kilian und seinem Papa gerade glücklich durch die Straßen ziehen. Mag Kilian sie – merkt er überhaupt schon, dass das nicht seine Mama ist. Ärgert sie es, dass ich ein freies Wochenende habe, und ihr junges Liebesglück dafür „bereichert“ wird von einem forderndem Säugling? Mir egal, ich genieße dieses Wochenende – sie wusste, worauf sie sich einlässt. Und dann die Erkenntnis, sie bleibt: also wie arrangieren, wie die negativen Gedanken raus kriegen? Ich will sie aber weiterhin verteufeln, verwantwortlich machen. Da stampf ich gleich kräftig auf den Boden. Werfe mich bockig auf den Boden. Beeindruckt irgendwie niemanden. 


Dann hilft nur viel Geduld mit mir selber, hässliche Gedanken zulassen, aber immer weniger werden lassen. Ich habe nur den einen Wunsch, im Sinne meines Sohnes zu handeln: er soll nie das Gefühl haben, dass er mir gegenüber ein schlechtes Gewissen haben muss, weil er die Bonus-Mama mag. Hat lange gut funktioniert... bis sich dieses neue Kind ankündigt. Schlag ins Gesicht, bitterliche Tränen. Worauf hatte ich denn noch gehofft?

Hmm, die neue Frau nimmt mir auch noch diese „Vorherrschaft“ weg... naja, dann sollten wir uns doch mal persönlich kennen lernen. Ich kann mich nicht mehr gut ans erste Treffen erinnern. Aber es gibt eine herzliche, ernst gemeinte Umarmung zum Schluss. Die bis heute immer einfacher, enger, freundschaftlicher, herzlicher, vertrauter, verbündeter wird.

Donnerstag. Ich bin sauer auf Peter. Rufe ihn an. Erreiche ihn nicht. Er ist immer erreichbar. Er ruft zurück. Anna liegt in den Wehen – es geht ihr nur mäßig, kriegt eine PDA. Mir laufen die Tränen runter. Warum ruft der mich während der Geburt zurück. Also am Abend muss der Sohn zur Oma. Ich muss jetzt mit meiner besten Freundin Wein trinken. Und was sagt die mir: Olivia, dieser neue Erdenbürger, wollte dich bei ihrer Geburt dabei haben. Sie hat mich aber nicht gefragt. Ist einem Kind doch egal. Gut so. So symbolisch Olivia es an ihrem ersten Lebenstag macht, so real macht sie es jetzt. Immer. Sie nimmt mich an der Hand. Manchmal lässt sie meine Hand nicht mehr los. Ich ihre auch nicht. 

Und dann Tim. Da gibt es keine negativen Gedanken mehr. Pure Freude, die Belohnung, dass wir zwei Frauen so wunderbar miteinander auskommen. Es ist diese Gewissheit, dass niemand irgendwem irgendwas weg nimmt. Jeder lebt sein Leben, aber gern auch zusammen. Der nötige Abstand muss stimmen. 

Ich liebe dieses Familienbauwerk, und jeden Baustein darin. Viele Menschen sind verwundert, aber auch stolz auf uns. So etwas hätten sie selten gesehen. Ich weiß, wir sind fast schon priviligiert, dass es mittlerweile läuft bei uns. Nicht immer nur rund. Bedürfnisse verändern sich. Aber wir passen auf dieses Bauwerk auf, es ist ein wertvoller Schatz.


Ein von Anna (@annipalanni_2.0) gepostetes Foto am

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